AD(H)S: Gibt es so etwas wie eine Altersgrenze?

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Wie sieht der Alltag aus, welche Schwierigkeiten gibt es? Kinder vs. Erwachsene
Auch wenn sich die Meinung hartnäckig hält, dass ADHS und die stille Schwester ADS „Kinderkrankheiten“ sind, die sich mit zunehmendem Alter verwachsen, sehen betroffene Erwachsene das sicherlich ganz anders.

Natürlich gibt es hier keine Skalierung von schlimm zu schlimmer und beide Störungsbilder betreffen jeden Menschen in jedem Alter anders und recht individuell. Dennoch scheint die Allgemeinheit ein festes Bild davon zu haben, wer krank, wer faul, wer unsozial, wer nicht teamfähig ist. Und das sind nur einige der Schubladen, in die Betroffene gepackt werden. Und genau deshalb nehmen wir uns hier die Zeit und den Raum, um für jede „Gruppe“ ein individuelleres Bild zu beschreiben, mit Vorurteilen, Eigenheiten und Stärken.

ADHS bei Kindern
Der „Zappelphilipp“ aus grauer Vorzeit ist auch heute noch geprägt von einem scheinbar nie endenden Energiepegel. Die Batterien dieser Kinder sind auch nach Fußballtraining, Fahrradfahren, Spielplatz und Schwimmen noch voll geladen. Sie gelten als schwierig, laut, unruhig und nervig. Hinzu kommen die starke Ablenkbarkeit und geringe Aufmerksamkeitsspanne, die das Prädikat „anstrengend“ noch verstärken. Kinder mit ADHS wirken störend, poltern gern besonders laut und können keine Regeln befolgen. Doch bei all der Lautstärke sind Kinder mit ADHS häufig sehr kreativ und ideenreich. Ihre unbändige Energie kann sie wahren zu Sportskanonen machen.

ADS bei Kindern
Nimmt man das H für Hyperaktivität aus der Gleichung heraus, scheinen Chaos und Lautstärke der Tagträumerei zu weichen. Kinder mit ADS haben kein unbegrenztes Energiepensum, doch der äußere Anschein trügt. Denn auch sie haben mit Aufmerksamkeitsproblemen und Impulsivität zu kämpfen, nur findet der wahre Kampf im Verborgenen statt, nämlich in ihrem Kopf. Nicht selten werden diese Kinder als faul, verträumt, lahm, unsozial und desinteressiert angesehen. Doch das Chaos im Kopf birgt dasselbe Leidenspotenzial und stößt auf dasselbe Unverständnis wie bei Kindern mit ADHS. Ihre Stärken liegen in der Ruhe.

ADHS bei Erwachsenen
Gern hört und liest man, dass ADHS bei Erwachsenen nicht vorkommt, da es sich während der Jugendzeit auswächst. Tatsächlich findet eine Veränderung statt, allerdings ist diese nicht durch Wachstum bedingt, sondern eher durch Reife und Lernen. Beides sind Erfordernisse, um in unserer Gesellschaft mehr oder weniger klarzukommen. So sind betroffene Erwachsene in der Lage, ihren Schulabschluss zu machen und einen Beruf zu erlernen. Doch leider gibt es auch hier Schattenseiten. Ob Probleme in Teams oder mit Hierarchien, Angst- und Zwangsstörungen, Depressionen oder Suchtproblematiken, der berufliche und private Alltag kann eine große Herausforderung sein.

Aber: Die erhöhte Risikobereitschaft und vielfältige Interessen bringen Fantasie, Kreativität und Erfinderreichtum mit sich.

ADS bei Erwachsenen
Auch im Erwachsenenalter ist es schwer, sich auf Aufgaben zu konzentrieren, sich zu irgendetwas zu motivieren (Stichwort: Prokrastination) und am Ball zu bleiben. Was oftmals als desorganisiert, undiszipliniert und träge erscheint, ist eine innere Unruhe, die sich nicht im Außen zeigt, es ist und bleibt ein Chaos im Kopf. Das kann im Job oft nicht nur zum Karriereknick führen, sondern auch Talente und Interessen im Strudel der Probleme untergehen lassen.

So vielfältig die Erscheinungsbilder von AD(H)S sein können, so individuell sollte auch der Umgang damit erfolgen. Es gibt hier einfach keine One Size Fits All-Lösung. Und vielleicht ist der erste Schritt dahin schon ein etwas weniger wertender Umgang mit unseren Mitmenschen. Denn hinter einer wilden und chaotischen Fassade verbirgt sich vielleicht ein Mensch, der schon sehr lange mit etwas wie AD(H)S kämpft.

Ihr Thomas Weidauer

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