Schlaumex Experten-Talk mit Bruno Blume

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Nichts unterscheidet uns mehr von den Tieren, als unsere Fähigkeit zu schreiben.

Heute im SCHLAUmex-Experteninterview Bruno Blume.

Herr Bruno Blume, was genau machen Sie und wie kam es dazu?
Ich bin Geschichtenerfinder, und möglicherweise war ich das schon immer. Allerdings hab ich als Kind nicht viel geredet, dafür umso mehr beobachtet. Das ist wohl die Grundlage für gutes Erzählen: Die Welt wahrnehmen, und dann das Wahrgenommene sortieren, vernetzen, interpretieren, ergänzen.
Viele Geschichten habe ich aufgeschrieben, sie sind in rund 30 Büchern erschienen, die meisten davon für Kinder und Erwachsene, einzelne auch für Jugendliche. Ich habe auch sonst viel Erfahrung mit Büchern: Ich habe als Buchkritiker und Buchhändler gearbeitet, leite einen kleinen Buchverlag, bin Experte für Buchillustration, und natürlich habe ich meinen fünf Kindern sehr viele Bücher vorgelesen.

Haben Sie spezielle Themen in ihren Büchern?
Ja. Dazu gehören Familie und Freundschaft, die spielen eine Hauptrolle in fast allen meinen Büchern. Ein Anliegen ist mir auch der Schutz von Umwelt, Tieren und Klima. Zuletzt habe ich meinen Fokus mehr und mehr auf Menschen im Asperger-Autismus-Spektrum gelenkt. Das liegt natürlich vor allem daran, dass meine Kinder und ich selbst in diesem Spektrum leben. Ich finde das sehr spannend – und das spannendste daran ist die spezielle Wahrnehmung. Wir Aspergerinnen und Asperger erleben die Welt anders als die Mehrheit der Menschen. Das macht uns oft zu AußenseiterInnen. Wer außen vorsteht, hat wiederum gute Möglichkeiten, die anderen zu beobachten.

Erzählen Sie uns bitte, was man aus Ihrer Sicht unter dem Asperger-Autismus-Spektrum versteht?
Es ist ein medizinischer Begriff für eine “Behinderung”, er bezieht sich aber nicht nur auf den Körper oder den Geist, sondern wohl auch auf die Seele. Darum ist er schwer fassbar. Und AspergerInnen sind nicht nur beeinträchtigt, sondern haben oft auch tolle Begabungen.

Betroffen sind 5 bis 15% der Menschen (niemand weiß es genau), das heißt, dass es in jeder Schulklasse ein bis drei Kinder im Spektrum gibt. Die sind aber nicht alle gleich und sie haben keine deutlichen Merkmale wie zum Beispiel einen Rollstuhl. Manche sind superschlau in Mathematik, schaffen es aber nicht, sich beim Essen nicht zu bekleckern. Manche lernen ganz leicht mehrere Instrumente oder Fremdsprachen, können aber nicht mit anderen Kindern spielen, wenn die sich nicht an die Regeln halten. Andere entdecken sofort jeden Fehler, den zum Beispiel die Lehrerin macht, halten aber helles Licht nicht aus. Hochsensibilität und Aufmerksamkeitsstörungen können bei asperger-autistischen Menschen auch vorkommen, darum ist mir diese Trennung nicht besonders wichtig. Für mich sind wir im Spektrum eine große Gruppe von besonderen Menschen mit all ihren Schwächen und Stärken, ob die Einzelnen nun betroffen sind von Asperger oder Autismus, Zwangsgedanken oder AD(H)S, Hochsensibilität, Borderline oder Legasthenie.

Was ist Ihr Ziel?
Mit meinen Büchern und der Beratung möchte ich erreichen, dass die Betroffenen sich überhaupt erstmal im Spektrum erkennen. Dass sie dann Mut schöpfen und sich ermächtigt fühlen, dazu zu stehen, wie sie sind. Ihrem Umfeld – der Familie, der Klasse, den Lehrerinnen, Nachbarn, Trainerinnen usw. – möchte ich zeigen, dass Kinder mit Asperger nicht frech sind oder stören wollen, sondern dass sie nicht anders können, als sich für Gerechtigkeit einsetzen oder anderen helfen (z. B. jenen, die etwas falsch machen), und dass sie Schutz brauchen (z. B. vor Lärm, Gerüchen oder besonders auch Mobbing). Es ist eben alles eine Sicht der Wahrnehmung.

Meine Bücher sollen aber keine “Betroffenheits-Literatur” sein, sondern vor allem spannend, unterhaltsam, berührend und lustig.

Sie bieten auch Schreibcoaching an. Was kann man sich darunter vorstellen?
Ich schreibe gern und ich möchte vermitteln, dass Schreiben etwas ist, das Freude macht und einen selber weiterbringt. Das biete ich in verschiedenen Formaten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an. Für Gruppen (z. B. Schulklassen, Vereine, Freunde oder Arbeitskolleginnen) sind es kurze Schreibwerkstätten, die einmalig oder regelmäßig stattfinden. Im Schreibcoaching hingegen begleite ich Menschen, die mit ihrem Schreiben nicht allein weiterkommen oder die einen (fast) fertigen Text haben und nun nicht wissen, was sie damit anstellen sollen – denn da gibt es noch viel zu tun. Das Schreibcoaching funktioniert aber auch für Menschen, die sich nicht also AutorIn sehen, sondern die über das Schreiben ein Thema bearbeiten möchten, über das sie nicht gut reden können.

Ein tolles Angebot sind auch Schreibwochen für Kinder. Welche Voraussetzungen muss man mitbringen?
Da gibt es zwei verschiedene Angebote: Ich gehe mit Schulklassen oder Freizeitgruppen ins Lager und gestalte dort den Programmpunkt Schreiben. Ich biete aber zusammen mit meiner Partnerin Noëmi Sacher auch ganze Schreibwochen und Schreiblager an. Das ist dann wirklich für Schreibfans, für solche, die vom Schreiben angefressen sind und das gerne den ganzen Tag machen. Wobei wir auch mal zusammen kochen, Minigolf spielen oder im See baden gehen – und dabei die fiktiven Figuren besser kennen lernen. Denn als Autor weiß ich viel mehr über meine Figuren, als ich jemals in der Geschichte beschreiben kann. Da hilft es, die eigene Figur mit an den Esstisch zu setzen und sie beim Einschlafen noch eine Geschichte aus ihrem Leben erzählen zu lassen.

Haben Sie noch einen Tipp für unsere Eltern?
Ja: Erzählen Sie Geschichten! Das macht nicht nur Freude, es verbindet auch und hilft allen Kindern. Das kann beim Vorlesen geschehen, aber Sie können auch aus Ihrem Leben, Ihrer Kindheit erzählen. Und die Kinder können Ihnen ihre Geschichten erzählen, die erlebten und die ausgedachten. Das fördert Sprachgewandtheit, Vorstellungskraft, Aufgeschlossenheit und soziale Kompetenz.

Vielen lieben Dank für den tollen Überblick in dieses Thema und Tipps für unsere Leser und Leserinnen.

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