Selbstwert ist Geld wert.
Echtes Wachstum kommt von innen.
Heute im SCHLAUmex-Experteninterview Daniela Landgraf
Sie ist Mentorin, Trainerin, Autorin und Vortragsrednerin. Spezialisiert hat sie sich vor allem auf die Themen Selbstwert und mentale Stärke.
Daniela, was genau machst Du und wie kam es dazu?
Das war tatsächlich ein etwas längerer Weg. Die Kurzversion ist, dass ich früher selbst massive Selbstzweifel hatte und ich deswegen ganz genau weiß, wie stark Selbstzweifel und das Gefühl „nicht gut genug“ zu sein (trotz offensichtlicher Erfolge) die Lebensfreude einschränken können.
Wie bei fast allen Menschen, die massive Selbstwertprobleme haben, sind auch bei mir die Wurzeln in meiner Kindheit zu finden. Früher habe ich immer gesagt, meine Selbstzweifel kämen daher, dass ich das Tourette-Syndrom habe und in der Schulzeit massiv gehänselt wurde. Das Tourette-Syndrom macht sich bei mir durch Grimassenschneiden, zwanghaftes Zwinkern, verdrehen der Handgelenke, verdrehen des Kopfes und anderen Tics bemerkbar. Heutzutage ist zum Glück für viele nur noch ein Bruchteil der Tics überhaupt bemerkbar. Damals waren sie sehr viel ausgeprägter und es wusste niemand, dass meine „andere Körpersprache“ eine medizinische Ursache hat. In den Schuluntersuchungen hieß es lapidar „Verhaltensstörung aufgrund der Trennung der Eltern“. Ich war bereits 29 Jahre alt, als ich erfahren habe, dass es sowas wie ein Tourette-Syndrom überhaupt gibt. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich fest davon überzeugt, dass meine Tics an meiner fehlenden Körperbeherrschung liegen. Heute weiß ich, dass das Tourette-Syndrom nur einer von vielen Faktoren für meine Selbstunsicherheit und meine Minderwertigkeitsgefühle gewesen ist. Tatsächlich wurden die Samen hierfür schon in meinen frühen Kindheitsjahren gelegt, aufgrund meiner Familiengeschichte.
Um auf die Frage zurückzukommen, wie es zu meinem heutigen Beruf kam: die Schule war für mich eine furchtbare Zeit, weil ich nie wirklich dazu gehörte. Nach meinem Abitur ging ich in die Finanzbranche und lernte dort recht schnell die typischen Erfolgsmethoden kennen, sowas wie Erfolgstagebuch schreiben, „krampfhaftes“ positives Denken, Erfolgs-Affirmationen und einiges mehr. Und siehe da: ich wurde sogar sehr erfolgreich. Es hat geholfen! Zumindest einige Jahre…
Es folgte eine Zeit in der es 20 Jahre nur höher, schneller und weiter ging. Ich brauchte den Erfolg wie die Luft zum Leben. Der Erfolg war mein Leben. Erfolg bedeutete Anerkennung… bis zum körperlichen und dadurch auch finanziellen Zusammenbruch. Mit 39 Jahren brach mein Leben. komplett zusammen (für diejenigen, die sich fragen, wie alt ich jetzt bin: ich werde dieses Jahr 51 Jahre jung). Nach dem gesundheitlichen Zusammenbruch durch Erschöpfung folgte der wirtschaftliche Zusammenbruch mit Insolvenz – und dass, obwohl ich mehrere Immobilien und eine eigene Firma zu diesem Zeitpunkt hatte. Mit dem Zusammenbruch meines beruflichen und wirtschaftlichen Erfolgs wurde ich dann wieder mit meinen ganz tief liegenden Minderwertigkeitsgefühlen konfrontiert, die natürlich immer noch in mir schlummerten, denn ein Selbstwertgefühl, welches nur aufgrund von Erfolgen aufgebaut wird, ist nun mal spätestens dann brüchig, wenn die Erfolge im Außen ausbleiben.
Ich verwende seit vielen Jahren gerne eine Metapher für das, was ich erlebt habe: die Metapher des Leuchtturms, der von außen angestrahlt wird. Wenn das Selbstwertgefühl nur aufgrund von äußeren Erfolgen aufgebaut wird, dann ist das, als wenn ein Leuchtturm von außen angestrahlt wird. Er leuchtet so lange, wie das Licht im außen da ist. Erlischt das Licht im außen, bleibt von dem Leuchtturm nicht viel mehr übrig als ein Haufen alter Steine, wenn das Licht von innen heraus fehlt.
Nach meinem Zusammenbruch gab es noch viele weitere Stepps. Aber Stückchen für Stückchen bin ich zu der geworden, die ich heute bin.
Das Leben hatte mich danach noch ein paar Mal auf harte Probe gestellt – so zum Beispiel die Trennung nach 16 Ehejahren (nach unserem wirtschaftlichen und meinem gesundheitlichen Zusammenbruch hatten mein Mann und ich uns in sehr unterschiedliche Richtungen entwickelt) und ein Reitunfall, den ich beinahe nicht überlebt hatte.
Heute blicke ich zurück und weiß, dass es alles ein Teil meines Weges war. Ohne all diese Herausforderungen und Themen hätte ich bestimmt nicht so viele Bücher geschrieben und stünde nicht da, wo ich heute stehe.
Heute bin ich dankbar für all die Erfahrungen, die ich sammeln durfte und lebe ein Leben in Zufriedenheit und Freude. Durch meine vielen Erfahrungen kann ich heute Menschen in ihren Themen wirklich fühlen und sie entsprechend im Coaching, mit meinen Büchern und mit meinen Vorträgen erreichen.
Warum bist Du so gern Moderatorin?
Ich liebe es einfach! Die Tätigkeit als Moderatorin ist unglaublich vielseitig.
Beispiel Events: Wenn ich RednerInnen, Vortragende oder ReferentInnen ankündige, kann ich ihnen durch meine Worte einen entsprechend roten Teppich ausrollen.
Bei Podiumsdiskussionen sehe ich mich als Brückenbauerin zwischen einzelnen Themen und Thesen. Außerdem kommt es meinem starken Gerechtigkeitssinn sehr entgegen, dass ich darauf achten kann, dass jede Person in der Diskussionsrunde ähnlich lange zu Wort kommt.
Bei Business-Moderationen unterstütze ich ebenfalls auf vielseitige Art und Weise. Manchmal gilt es Themen in Unternehmen zu klären, ein anderes Mal geht es darum, in Unternehmen neue Wege zu finden und zu beschreiten.
Eine weitere Facette ist das Moderieren von Präsentations- oder Rhetorikworkshops. Dadurch, dass mein eigener Weg auf die Bühne alles andere als leicht war, kann ich mich so sehr in die Teilnehmenden hineinversetzen, die vor Vorträgen oder Präsentationen ihre Unsicherheiten haben.
Insgesamt ist die Tätigkeit als Moderatorin unglaublich vielseitig, da ich mich ständig auf neue, meist spannende Themen vorbereite und jedes Mal etwas Neues dazulernen darf.
Du bietest auch Unterstützung zu Buchprojekten. Was kann man sich darunter vorstellen?
Das Buchcoaching ist mein Corona-Baby. In 2020 fragte mich eine Freundin, ob ich sie nicht mal 21 Tage lang jeden Tag „schupsen“ könne, damit auch ihr Buchprojekt endlich fertig werde. Sie sagte wörtlich: Es kann doch nicht sein, dass du ein Buchprojekt nach dem anderen im Galopp verlierst und ich seit drei Jahren mit meinem Buchprojekt nicht vorankomme. Und so ist die 21 Tage Challenge „Schreib dein Buch“ entstanden. Inzwischen biete ich auch eine 12 Wochen Challenge, Individualcoaching und Veröffentlichungspakete an. Durch meine eigenen Veröffentlichungen (aktuell sind es 17 Bücher), habe ich zu vielen Verlagshäusern einen guten Draht.
Ich unterstütze Autoren von der ersten Buch-Idee, bis zur Veröffentlichung ihres Werks.
Viele unserer Leser-Eltern und Großeltern sind selbständig oder in Führungspositionen und meistern die Balance von Beruf und Familie. Du bietest pferdegestütztes Training und Coaching für Teams und Führungskräfte an. Ist Pferdeerfahrung notwendig?
Mit dem pferdegestützten Training und Coaching habe ich vor ziemlich genau 10 Jahren angefangen. Das war nach meinem Zusammenbruch und der Krankheitsphase mein neues berufliches Tätigkeitsfeld und es ist bis heute ein Teil von mir geblieben, inzwischen auf meinem eigenen Hof. Pferde spiegeln einfach unglaublich viel und sind wie ein Vergrößerungsglas von Themen.
Pferdeerfahrung ist nicht erforderlich. Im Gegenteil. Menschen, die viel mit Pferden zu tun haben, sind oft voreingenommen von dem, was sie über Pferde gelernt haben. Doch es geht bei meinen Trainings nicht um den richtigen Umgang mit Pferden, sondern es geht um den Menschen, seine intuitive Führung, seine Vorannahmen, seine innere Haltung, seine äußere Haltung und vieles mehr.
Reitern muss ich häufig am Anfang erstmal die Erlaubnis geben, sich darauf einzulassen und der Intuition zu folgen und nicht das zu machen, was sie als Reiter gelernt haben.
2020 warst Du ein besonderes Covergirl. Wie kam es dazu?
Oh ja, das war für mich sehr besonders. Ich war Covergirl auf dem Magazin „Reden, Präsentieren, Begeistern“. Das war für mich selbst ausgesprochen überraschend. Es gibt Momente im Leben, die vergisst du nicht. Der Anruf von dem Herausgeber des Magazins war ein solcher Moment. Ich war zu dem Zeitpunkt in den Bergen und wir waren auf einer Berghütte. Es war mitten in der Corona-Zeit und wir konnten dort zwar ein Stück Kuchen kaufen, mussten es aber draußen in der Kälte verzehren, da die Gastronomie geschlossen war. Da stand ich nun mit meinem Kaffee und meinem Stück Kuchen, als der Anruf kam. Ich kenne den Herausgeber aus der Rednerszene und er wollte mich gerne auf dem Cover haben, weil mein Weg auf die Bühne eben nicht so ganz einfach war und ich deswegen vielen als Vorbild diene. Kurz zuvor hatte ich die Auszeichnung „besonders authentisch“ erhalten, was ebenfalls sehr überraschen für mich kam. Die Headline des Artikels war: „Ich bin verrückt! Na und?“ und bezieht sich auf meinen Weg als Rednerin und Moderatorin trotz meines Tourette-Syndroms.
Alles ist möglich, wenn du deinem Herzen folgst.
Hast Du noch generelle Tipps für unsere Eltern?
Oh ja, da habe ich viele! Wie viel Platz habe ich? Meine Top 5 Tipps:
- Hört Euren Kindern zu! Sie wissen oft so viel mehr als Ihr. Sie nehmen so vieles war, was wir Erwachsenen verlernt haben, wahrzunehmen. Kinder sind unglaublich intuitiv.
- Nehmt sie ernst! In ihrer Freude, in ihrer Trauer, in ihrer Wut und in ihren Bedürfnissen. Ein Mangel an Selbstwert kann zum Beispiel dadurch entstehen, dass ein Kind das Gefühl bekommt, dass die eigenen Gefühle, Meinungen und Befindlichkeiten nicht richtig, nicht wichtig oder sogar falsch sind.
- Nicht das tatsächliche Verhalten der Eltern spielt eine Rolle, sondern das, was bei dem Kind ankommt. Wie sehr fühlt das Kind die Liebe der Eltern? Das ist ganz besonders herausfordernd, wenn Eltern selbst keine echte Elternliebe kennengelernt haben (Stichwort Kriegsenkel … ein weites Feld).
- Lasst die Kinder bitte Kinder sein. Kindliches freies Spielen ist so viel wertvoller als zu viel frühkindlicher Stress durch zu viel frühkindliche Bildung. Es darf eine ausgewogene Mischung sein.
- Bitte gebt Euren Kindern das Gefühl, genau richtig und gewollt zu sein. Auch, wenn vielleicht die eine oder andere Verhaltensweise des Kindes mal für Verärgerung sorgt, sagt ihnen bitte regelmäßig, wie wertvoll sie sind. Es gibt so typische Sprüche, die einfach nur Gift für das kindliche Selbstwertgefühl sind. Ich führe mal ein paar typische Beispiel auf:
- Du hast hier gar nichts zu melden….
- So lange du die Füße unter unseren Tisch hältst….
- Mach mal die Augen zu, alles, was du dann siehst, gehört dir…
- Deine Meinung interessiert hier nicht.
- Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt.
- Stell dich nicht so an!
- Beeil dich! Wenn ich durch dich zu spät zur Arbeit komme, dann verliere ich vielleicht den Job.
- Durch deine Trödelei haben wir…
- Deinetwegen müssen wir jetzt…
Eure Kinder sind wertvoll! Bitte nehmt sie als Persönlichkeiten wahr – in ihren Stärken und Schwächen. Lasst sie fühlen, was Liebe, Mitgefühl, Wertschätzung und Anerkennung sind, damit aus den kleinen Persönlichkeiten selbstbewusste und selbstsichere Erwachsene werden, die sich selbst spüren, die auf ihr Herz hören und die mit anderen Menschen intensive Beziehungen aufbauen können.
Vielen lieben Dank für den tollen Überblick in Deine Arbeit und die Tipps für unsere Leser und Leserinnen.