Wie soll man Weihnachten unter Wasser feiern? Nun, die Wassernixen vom Mermasee können es euch verraten. Sie waren selbst einmal Menschen und wollten diese Tradition nicht aufgeben.
Schon seit einigen hundert Jahren leben die Nixen im Mermasee. Nach und nach wurden sie mehr, doch sie blieben stets im Verborgenen. Nie hat sie auch nur ein einziger Mensch zu Gesicht bekommen. Der See war tief genug und die Angelhaken wussten die schlauen Nixlein zu vermeiden.
Als sie noch Menschenfrauen waren, gingen sie um den See spazieren und erblickten eine bunt-schillernde Gestalt im Wasser. Sie gingen ans Ufer, beugten sich über das Wasser und die Gestalt sprang plötzlich heraus. Es war ein sogenannter Kieselfisch, der es besonders auf junge Frauen abgesehen hatte.
Um den Fisch, der gerade mal so groß war wie ein Kiesel, rankten sich im Dorf einige Sagen. Über die Jahrhunderte berichteten Frauen immer wieder davon, ihn in dem See gesehen zu haben. Doch sobald er es schaffte, eine von ihnen zu berühren, verwandelten sie sich in Wassernixen und waren nie wieder gesehen.
So kam es schließlich, dass die Wassernixen begannen, sich ein menschliches Leben unter Wasser aufzubauen. Sie eiferten ihrem früheren Leben nach und versuchten stets, die Balance zwischen Fisch und Mensch zu halten. Aus diesem Grund wollten sie auch nicht auf ihr Weihnachtsfest verzichten und es so wie früher gemeinsam feiern.
Bereits im September – bevor der See zugefroren war – begannen die Nixen damit, alles zu verwerten, was über die Jahre hinweg im Wasser gelandet war. Sie flochten Kränze aus alten Seilen, Algen und Zweigen und stellten die Scherben im Wasser so auf, dass sie das Sonnenlicht reflektierten und schienen wie Kerzen. Ganz unten am tiefsten Punkt des Sees stellten sie sogar einen Weihnachtsbaum auf.
Vor ein paar Jahren warf ein Mann einen alten Christbaumständer in den See. Darin befestigten sie einen stabilen Baumstamm und banden Drähte aus den Speichen von alten Fahrrädern um ihn herum. Um die Drähte knoteten sie dann Algen und Wasserpflanzen, damit ein wunderschöner Unterwasser-Christbaum entstand. Sie schmückten ihn mit Muscheln, Schneckenhäusern und Girlanden aus glänzenden Fischschuppen. Sie fanden sogar ein paar alte Christbaumkugeln, die sie aufhängen konnten. Die Geschenke bastelten sie natürlich auch selbst. Alles was in den See fiel, wussten sie zu nutzen, um sich gegenseitig eine Freude zu bereiten.
Wenn der See dann zufror und niemand sie mehr hören konnte, sangen sie alte Weihnachtslieder und erinnerten sich an ihr Leben als Menschen. Wenn ihr ganz still seid, könnt ihr sie vielleicht hören. Doch kommt dem See nicht zu nah, sonst sorgt der Kieselfisch vielleicht dafür, dass ihr den Rest eures Lebens wie die Nixen im Dunkel des tiefen Mermasees verbringt.
Malin Poggemann